Farce um den Deutschen Computer(Kinder)spielpreis - Kommentar

Wenn ich den Beitrag so lese, dann dünkt es mich, dass dieser Spielepreis sich nicht nur ziemlich lächerlich gemacht hat, sondern auch jede Menge Prestige verspielt hat. Ob der «Deutsche Spielepreis» je den Impact haben und das Vertrauen der Käufer geniessen wird, wie dies beispielsweise der Kritikerpreis «Spiel des Jahres» bei den German Games tut, darf arg bezweifelt werden.

Und wieder einmal kommen wir zum Schluss, dass die Politik sich aus Sachen raushalten sollte, von denen sie nur bedingt eine Ahnung hat. «Uncharted 2» wurde von den Briten vier Mal (!) ausgezeichnet und in DE ist der Titel nicht zugelassen?! Diese Logik soll mir bitteschön jemand erklären...

18. Mai 2010 / 15:12 Beitrag melden Alain Jollat / Thema: Farce um den Deutschen...

25. Mai 2010

Ah, jetzt, ja. So langsam verstehe ich auch, was du meinst.

Dass Games nicht den künstlerischen Anspruch erreicht haben, den die Literatur und den Film erreicht haben, liegt vielleicht in deren Entstehungsgeschichte. Wenn wir uns mal zurückerinnern: Lesen war nur den Gebildeten und den Besserverdienern vorbehalten. Ein Buch zu schreiben war eine langwierige Angelegenheit und das Material auch nicht gerade eben günstig. Auch das klassische Lichtspielhaus war eher Treffpunkt der «Mehrbesseren». Von den klassischen Opern und Theatern ganz zu schweigen... Und auf diese Zielgruppe waren die Inhalte vermutlich auch zugeschnitten. Eine kleine, komplizierte Verstrickung von Menschen, die vielleicht den tieferen Sinn hinter den Texten nie ganz verstanden haben, es ob des gesellschaftlichen Druckes sicherlich niemals zugeben würden.

Computerspiele waren zu keiner Zeit ein solch kultiviertes Medium. Es war von Vornherei auf komerziellen Erfolg ausgelegt. Die Spielhallen waren nie wirklich Treffpunkt der Oberschicht... Aber trotzdem.

Es sind nie wirklich die grossen Titel, die von Innovation geprägt sind. Aber trotzdem gibt es oftmals kleinere Titel, welche als Nischenprodukt etwas Spezielles bieten (spontan sei das schon fast philosophisch anmutende Spiel wie «Flower» zu nennen). Zugegeben, nicht in der Grössenordnung eines Schillers, aber vielleicht ist sowas in unserer Zeit gar nicht mehr möglich. Die Welt ist viel schnellebiger und erfreut sich nicht mehr an einer einzigen Perle. Es muss schnell was Neues her... Immer und zu jeder Zeit. Alles ist das Beste, Neuste, Geilste und alles muss man mindestens kurz angezockt werden. Das war früher nicht so. Bücher und Filme haben nicht im selben Masse damit zu kämpfen.

Du nennst in deinem Posting auch «Modern Warfare 2» und die «No Russian»-Szene. Im Original ist sie nach wie vor ungeschnitten. Die Option bleibt. Einzig, weil man in Deutschland mit dem Index-Hammer oder sogar dem kompletten Verbot gedroht hatte, griff der «Künstler» zur Schere. Aber wer trägt denn nun die Schuld? Der Hersteller oder der deutsche Staat, der den Spieler vor sich selbst schützen will? Die Gewalt wird nur selten im Kontext zu moralischen Zwickmühlen gesehen. Das ist schade, schliesslich profitieren ja andere Medien bereits von dieser «Narrenfreiheit». Warum nicht auch Games? Und warum darf/sollte man die Politiker nicht auf diese Ungleichbehandlich hinweisen? Natürlich ist es ein eher schwaches Argument, aber ein berechtigtes ist es sicherlich...

Diesesmaletwaskürzerausgefallen82

25. Mai 2010 / 15:50 Beitrag melden Alain Jollat / Thema: RE: Farce um den Deutschen...

20. Mai 2010

Ich verstehe deine Argumentation voll und Ganz und ich glaube, dass wir gar nicht so weit voneinander entfernt sind. Ich spreche den Games nicht jeglichen kulturellen Wert ab, keinenfalls. Videospiele sind Teil unserer Kultur, also sind sie selbst auch Kultur, das ist völlig klar. Ich schätze auch den sozialen Aspekt, den du erwähnt hast. Ich bin auch leidenschaftlicher Gamer und ich will, dass Videospiele ein akzeptierter Teil unserer Kultur werden. Und ich finde auch, dass dieser Spielepreis eine Farçe ist, klar.

ABER diese ganze tu quoque Argumentation, dieses "ihr macht's doch auch" und "ihr seid unfair" rückt uns alle nur ins falsche Licht. Wir sollten kämpfen für die soziale Akzeptanz, aber wir müssen uns auch bewusst sein, dass Games den künstlerischen Wert von Literatur etc. noch nicht erreicht haben. Es ist eigentlich genau wie in der Literatur. Games sind noch auf dem Niveau der Kriminalheftchen von Jerry Cotton oder den Harry Potter Büchern. Die Qualität eines Schillers oder Joyce haben wir noch nicht erreicht. Games sind als Massenmedium (mehr oder weniger) geboren worden und das ist auch ein Problem, man hatte nie den Atem, die Zeit sich zu Entwickeln, wie es das Kino getan hat. Man muss gewinnbringend produzieren: Ein Übel für die künstlerische Qualität.

Aber noch zu vorhin: Games sind tatsächlich eine schlechte Imitation des Kinos. Das klingt extrem wertend, aber es ist auch nicht verwunderlich. Während man beim Kino Philosophen und Ästhetiker wie Gilles Deleuze oder Walter Benjamin hatte, gibt es hinter der Gameindustrie keine grossen Innovatoren, keine Denker, die jenseits des Profites theoretisieren. Auch wenn man sie gerne so sieht, ich finde weder Kojima, noch Molyneux sind grossartige Visionäre. Auch die direkten Entwickler sind identitätslos: Es gibt keinen Jarmusch, keinen Eisenstein unter den Spieldesignern.

Die neue Generation der Videospiel-Akademiker ist aber im Aufbau, zumindest kann man Gamedesign jetzt an der Kunsthochschule studieren. Ich will aus Videospielern keinen eingeschworenen Kreis der Intellektuellen machen, wie das teilweise beim Kino so ist. Ich will nur, dass sich Videospiele bewusst werden sollten, dass sie mehr erreichen könnten als bisher.

Nur um nochmals kurz auf Tarantino zurückzukommen: Er ist ein Resultat oben genannter Theoretiker, seine Filme sind eigentlich eine reine Hommage an das Kunstkino der Franzosen etc. Bei ihm ist die Gewalt, wie du schon gesagt hast, ein Stilmittel. Bei Call of Duty verkommt die Gewalt zur Essenz - das ist das Problem der Gewalt in Games.

Und da sind die Entwickler gleich in das nächste Fettnäppchen getreten. Die Reaktion auf den Flughafenlevel war vollkommen falsch. Die Zensur der Kunst war schon immer gefährlich. Die Zensur dieses Levels hat dieser Szenerie einen grossen Schrecken genommen UND die von dir so gelobte Interaktivität. Wenn man dem Spieler das Erschiessen von Zivilisten erlaubt hätte, wäre der Spieler plötzlich vor einem ethischen Problem gestanden, wie es kaum ein Kinogänger je gesehen hätte. Das Spiel sagt immer, wie man sich ethisch zu verhalten hat. Sogar GTA tut das mit seiner Storyline. Dort ist die Freiheit aber so absurd, dass der Gewalt der Schrecken abhanden kommt.
Das war eine riesige Chance, die man verpasst hat, bei CoD und bei vielen anderen Spielen. Schade eigentlich.

Dabei hätten Spiele so ein riesiges Potenzial, du hast es selbst gesagt, in Sachen Story et cetera.

Übrigens vergleiche ich Games und Kino gar nicht, sondern die Games vergleichen SICH mit dem Kino, indem sie sich selber in die Nähe der Kinematographie rücken.

Das klingt jetzt alles so, als würde ich nur Spiele wollen, die die jeden normalen Juendlichen langweilen (vergl. Literatur, ETA Hoffmann... oder Kino Waking Life) - Nein. Aber mit der Entwicklung einer spielerischen Kunstkultur können auch "normale" Spiele plötzlich existieren, egal wie doppelmoralisch das unsere Politiker erscheinen lässt. Ich schau Filme ja auch nicht ausschliesslich im Arthouse, sondern auch Iron Man im Abaton. :D

Das alles hier ist natürlich höchst spekulativ ;-)

20. Mai 2010 / 19:06 Beitrag melden NULL / Thema: RE: Farce um den Deutschen...

Korrigier mich bitte, wenn ich mich irre, aber ich habe das Gefühl, dass du die Argumentation nicht ganz verstehst.

Die Aussage ist, dass die Werke Tarantinos mit Filmpreisen geehrt werden, obwohl der Grad an vorkommender Gewalt nicht gerade niedrig ist. Beim Spielepreis ist Gewalt allerdings (ha, welch Ironie) ein Killerkriterium. Egal wie lobenswert die Geschichte und Entwicklungsmöglichkeiten der Charaktere «Dragon Age» bietet und egal wie ansprechend «Uncharted 2» sich präsentiert und wie geschliffen das Gameplay ist... Die Spiele werden nicht ausgezeichnet, einfach weil Blut spritzt und geballert wird.

Und hier liegt das Problem. Es geht nicht darum, ob und wie Games das Kino imitieren. Abgesehen davon hat man zu Beginn dem Kino auch jeden kulturellen Wert abgesprochen. Von Verblösung und Verrohung der Jugend war die Rede. Erst später erkannte man die Kunstform, die im sich bewegenden Bild liegt. Und dass gerade du, Robin, den Games jeglichen kulturellen Wert absprechen willst, gerade weil sie eben kein Kinofilm sind (so verstehe ich zumindest deinen Beitrag), irritiert mich dann doch etwas. Wenn du siehst, wie sich Spiele in den letzten Jahren entwickelt haben, wie sie die Spieler unterhalten, motivieren, Leute von aller Welt zusammen- oder gegeneinander antreten lassen, dann ist es arg zynisch von dir, Games als schlechte Imitation von Kino abzustempeln.

Games sind nun mal kein Kino, sondern eine ganz andere Form der Unterhaltung. Wohl versucht man, einige unterhaltende Elemente des Kinos (oder TVs) zu übernehmen, allerdings bleibt ein gutes Spiel immer interaktiv. Ein Kinofilm nicht. Diese eine Sache unterscheidet beide Arten der Unterhaltung meilenweit.

Falls du schon einmal ein Pen-and-Paper-Rollenspiel geleitet haben solltest, wirst du das ja wissen. Deine Geschichte kann genial durchdacht sein, die Motivationen der Figuren exzellent geplant - aber wenn die Spieler nicht so handeln, wie du dir das vorgestellt hast, nützt alles nichts. Bei einem Roman (und Film) kannst du alles in deinem Kopf so zusammenspinnen, wie es dir passt. Bei einem Spiel musst du dem Spieler einen gewissen Spielraum geben. Und das macht die Entwicklung der Story wesentlich schwieriger. Glücklicherweise haben wir uns daran gewöhnt, dass der Handlungsspielraum in Games ziemlich eingeschränkt ist. Aber trotzdem liegt genau hier der Unterschied zum (traditionsreichen und alten) Medium Kino und dem (jungen) Medium Games.

So. Viel Text und zwei Sachen abgehandelt: Zum Einen der Fakt, dass der Oskar auch Filme auszeichnet, bei denen Gewalt vorkommt, der deutsche Spielepreis aber um Spiele mit Gewaltinhalten rein aus politischen Überlegungen ausklammert, und zum Anderen, dass Games und Filme nie dasselbe sein werden, weil Games interaktiv sind, egal wie «kinoreif» die Story und Präsentation sein wird.

Langetexteschreiber82

20. Mai 2010 / 09:39 Beitrag melden Alain Jollat / Thema: RE: Farce um den Deutschen...

19. Mai 2010

Der Artikel hört sich einfach an, als wäre er von einem 15-jährigen verfasst worden.

Der Unterschied zwischen Kino und Games liegt in der Kunst. Während das Kino vor etws mehr als hundert Jahren eine völlig neue Kunstform geschaffen hat, die völlig neue Erkenntnisse in Sachen Ästhetik und Raumtheorie (und so weiter) geschaffen hat.

Games imitieren das Kino, und, man müsste mal ehrlich sein, das Ganze ziemlich schlecht. Da kann Uncharted noch so eine geniale Grafik haben, Dragon Age noch so eine gute Storyline - an das, was hinter Filmen steckt (und ich spreche nicht von Hollywoodfilmen, sondern von Jarmusch, Tarantino, Godard) kommt ein Spiel, als Imitation, (noch) nicht im Geringsten ran.

Es ist lächerlich zu behaupten, dass es in diesem Falle die Meinung dieses Politikers sei, dass die Blutrünstigkeit von Tarantino also pädagogisch wertvoll sei. Solchen Pseudo-Zynismus ist in der aktuellen Lage nicht besonders förderlich, meine ich. Man sollte stattdessen versuchen, Videospiele ebenfalls kulturell werden zu lassen. Und diesen Schritt verhindert man genau mit solchen absurden Argumenten.

19. Mai 2010 / 19:58 Beitrag melden NULL / Thema: RE: Farce um den Deutschen...

Warum bitte soll Tarantinos Streifen denn verunglimpft werden? Gewalt ist in seinen Filmen genauso Stilmittel (und Mittel zum Zweck) wie in Games. Und wenn du es schon ansprichst: Moralisch lassen sich die Gewaltdarstellungen sowohl bei Games als auch Filmen als auch Büchern als auch sonstwie nie rechtfertigen. Auch nicht, wenn irgendwo Tarantino drauf steht.

Einzig der Umstand, dass die Gewalt in Spiel, Film und gedruckter Literatur keinen Menschen oder kein Lebewesen allgemein wirklich (in der Realität) tötet, ist Grund genug, eben nicht mit dem Bannhammer um sich zu schlagen, wie es einige Politiker und Vertreter gewisser Vereinigungen tun.

Aber dass die Gewalt in Filmen gerechtfertigt sein soll und in Games nicht? Nein, da muss ich dann doch kurz den Kopf schütteln.

19. Mai 2010 / 09:20 Beitrag melden Alain Jollat / Thema: RE: Farce um den Deutschen...

18. Mai 2010

Inglourious Basterds hat nicht den Anspruch pädagogisch wertvoll zu sein, genau wie andere Filme eigentlich auch nicht. Ich fände es ziemlich mies, wenn man die Essenz bei Tarantino in der Gewalt messen würde. Das geht bei Die Hard okay, aber nicht bei Filmen von Tarantino (oder Eisenstein, Godard, Kubrick und so weiter).
Deshalb bringt eine Verunglimpfung dieses Films nicht besonders viel, wenn man den Argumenten der Politiker entgegentreten will. Stattdessen sollte man versuchen, die Spiele, genau wie Filme, in die Kunstecke zu schieben. Denn momentan gibt es tatsächlich keine Rechtfertigung von Gewalt in Games, die an die der Filme ranreichen könnte...

18. Mai 2010 / 16:34 Beitrag melden NULL / Thema: RE: Farce um den Deutschen...

Damit hat sich die Politik mal wieder selber ins Abseits gestellt. Dümmer geht nümmer ... Schade eigentlich! Wie das wohl aussehen würde, wenn man in der Schweiz einen solchen Preis vergeben würde? Vielleicht sollte man sich da 'mal Gedanken machen.
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Ich wäre eh schon lange für Politik 2.0** !
(keine Politiker mehr die über 45 Jahre alt sind und nur noch solche die auch einmal richtig gearbeitet haben und wissen woher das Geld kommt ... d.h. keine Lehrer und Akademiker mehr die noch nie in der Privatwirtschaft (mind. 10 Jahre!) waren ... )

18. Mai 2010 / 15:22 Beitrag melden Roger / Thema: RE: Farce um den Deutschen...